© Landratsamt Traunstein: :  Landrat Siegfried Walch besprach mit den Bürgermeistern der libanesischen Partnerkommunen die Schwerpunkte der Entwicklungspartnerschaft (von links): Yehia Daher (Al Bohaira), Saleh Abou Mansour (Jabal El Sheikh), Landrat Walch, Maroun Antoun,  Roger Dib, Toni ChDid

© Landratsamt Traunstein: : Landrat Siegfried Walch besprach mit den Bürgermeistern der libanesischen Partnerkommunen die Schwerpunkte der Entwicklungspartnerschaft (von links): Yehia Daher (Al Bohaira), Saleh Abou Mansour (Jabal El Sheikh), Landrat Walch, Maroun Antoun, Roger Dib, Toni ChDid

21.12.2018 

Delegation libanesischer Kommunen besucht den Landkreis Traunstein

Nächste Schritte der Entwicklungspartnerschaft besprochen. Walch: „Hilfe vor Ort ist der humanste und wirksamste Weg, Fluchtursachen zu begegnen.“

Die Entwicklungspartnerschaft des Landkreises Traunstein mit Kommunen im Libanon nimmt konkrete Züge an. Nachdem Landrat Siegfried Walch im September zu ersten Gesprächen in den Libanon gereist war, besuchten jetzt fünf Bürgermeister libanesischer Partnerkommunen den Landkreis Traunstein. Begleitet wurde die libanesische Delegation von Mitarbeitern der Institution „Engagement Global“, die im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Projekte im Libanon fördert sowie der vom Ministerium beauftragten Partnerorganisation DRI, die die Projekte im Libanon vor Ort begleitet und kontrolliert.

Landrat Walch hatte sich im Herbst vor Ort selbst ein Bild vom hohen Engagement der libanesischen Kommunen bei der Bewältigung der schwierigen Alltagssituation für die libanesische Bevölkerung und syrische Flüchtlinge gemacht. „Der Libanon bewältigt eine extreme Belastungsprobe. Kein anderes Land auf der Welt hat im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl so viele Flüchtlinge aufgenommen. Deutsche Kommunen können mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen einen wertvollen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung in Ländern wie dem Libanon leisten. Hilfe vor Ort ist der humanste und wirksamste Weg, Fluchtursachen zu begegnen. Nur wenn die Menschen in ihren Heimatländern eine Zukunft haben, wird sich auch der Migrationsdruck nach Deutschland und Europa verringern“, so Walch. Der Kreistag Traunstein hatte der Entwicklungspartnerschaft in einer Sitzung Ende Oktober mit überwältigender Mehrheit zugestimmt.

Inhaltliche Schwerpunkte des Delegationsbesuchs aus dem Libanon waren die Themen Müll- und Abfallentsorgung, Wiederverwertung von Rohstoffen, berufliche Bildung und die Nutzung von Solarstrom und erneuerbarer Energien. Zudem tauschte man sich über die Verwaltungsorganisation im Libanon und in Bayern aus.

Im Rahmen von Workshops wurden für die Kommunen und die Gemeindeverbände Qrayyeh, Al Bohaira und Jabal el Sheikh mögliche konkrete Projekte skizziert. „Die Projekte müssen so plant werden, dass sie von den libanesischen Kommunen eigenverantwortlich umgesetzt werden können. Wir begleiten die Umsetzung mit unserem Fachwissen in den einzelnen Themengebieten. Entscheidend ist dabei, dass die Projekte langfristig tragen“, erklärt Dr. Birgit Seeholzer (Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungs GmbH), die die Entwicklungspartnerschaft aufseiten des Landkreises Traunstein federführend koordiniert.

Die Gemeinde Qrayyeh möchte im Rahmen des Baus eines Gemeindezentrums ein berufliches Bildungs- und Fortbildungszentrum integrieren. „Die Jugendarbeitslosigkeit im Libanon liegt bei fast 50 Prozent. Doch gute Handwerker fehlen. Deshalb können zum Teil technische Anlagen nicht ausreichend gewartet und repariert werden. Hier könnten wir unterstützen, indem wir Experten für berufliche Bildung in den Libanon entsenden, die dort bei der Entwicklung von Qualifizierungskursen helfen“, so Seeholzer.

Alle libanesischen Kommunen brauchen dringend Unterstützung beim Ausbau erneuerbarer Energien. „Die Rahmenbedingungen für die Nutzung von Photovoltaik sind gut: Die Sonne scheint an 300 Tagen im Jahr. Gleichzeitig sind die derzeitigen Stromkosten im Libanon sehr hoch – und das, obwohl die Versorgung äußerst unzureichend ist“, erklärt Seeholzer. Für den Betrieb von Dieselaggregatoren für Trinkwasserpumpen etwa zahlen die Kommunen im Libanon aktuell über 40 Cent pro Kilowattstunde. Diese werden immer dann eingeschaltet, wenn die staatliche Stromversorgung ausfällt. Offiziellen Strom gibt es aber maximal an 12 von 24 Stunden am Tag.

Die 19 Gemeinden in der Union Al Bohaira wollen Solarstrom für den Betrieb der Müllsortieranlage und der gemeinsamen Kläranlage. Auch die Gemeinden der Union Jabal el Sheikh setzen auf Solarstrom, um kommunale Gelder für die Dieselaggregate zu sparen und diese finanziellen Mittel für wichtige örtliche Projekte etwa im Bereich der Gesundheitsversorgung und für den Umweltschutz investieren zu können. „Damit der Ausbau von Solarstrom gelingt, müssen Fachkräfte geschult und die vorhandenen Versorgungssysteme detailgenau angepasst werden. Hier können wir bei der Planung und Fachwissen helfen“, so Birgit Seeholzer. Im Bereich Umweltschutz haben für die libanesischen Kommunen Mülltrennung und die Einführung von Sammelsystemen oberste Priorität. Bei ihrem Besuch haben sich die Delegationsmitglieder deshalb intensiv über das Wertstoffhof-System im Landkreis Traunstein informiert.

Mit den vielen gewonnenen Erfahrungen und Eindrücken ihres Besuchs im Landkreis Traunstein werden die Bürgermeister in ihren Kommunen nun die Projektvorschläge konkretisieren. Diese werden dann mit dem Landkreis Traunstein abgestimmt und dann entsprechende Förderanträge beim Bundesentwicklungshilfeministerium eingereicht.

© Landratsamt Traunstein: In einem Workshop im Landratsamt wurden konkrete Projekte für die Entwicklungspartnerschaft besprochen.
© Landratsamt Traunstein: In einem Workshop im Landratsamt wurden konkrete Projekte für die Entwicklungspartnerschaft besprochen.
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